Der weibliche Körper funktioniert nicht jeden Tag gleich: Energie, Stimmung, Bedürfnisse und Körperempfinden verändern sich im Verlauf des Menstruationszyklus. Zyklusyoga berücksichtigt diese natürlichen Schwankungen und deine individuellen Bedürfnisse.
Im Unterschied zu festen Programmen oder klar vorgegebenen Sequenzen steht beim Zyklusyoga nicht die „perfekte Übung“ im Vordergrund – sondern dein Körper, dein Rhythmus und deine intuitive Praxis.
Zyklusyoga unterstützt dich dabei, deinen Zyklus bewusster wahrzunehmen, die Qualitäten jeder Phase zu nutzen und dich selbst körperlich wie emotional zu begleiten.
So wird Yoga zu einem Werkzeug, das dir hilft, deinen inneren Rhythmen zu nutzen statt dich in eine Praxis zu zwingen, die dein Körper gerade nicht leisten kann.
Was ist Zyklusyoga?
Zyklusyoga ist eine achtsame Yogapraxis, die sich an den vier Zyklusphasen orientiert und dabei Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse jeder Frau* nimmt.
Da kein Zyklus dem anderen gleicht – in Länge, Intensität, Empfinden oder Energie – ist Zyklusyoga flexibel, intuitiv und variabel. Es gibt nicht das „eine Konzept von Zyklusyoga“.
Statt starrer Abläufe geht es darum,
- auf Signale des Körpers zu hören
- Übungen zu wählen, die sich heute richtig anfühlen
- jede Phase mit passenden Asanas, Atemtechniken und Entspannung zu unterstützen
- den Zyklus als Kompass für Selbstfürsorge zu nutzen
Zyklusyoga schafft Bewusstsein dafür, wie du dich körperlich, emotional und energetisch durch den Monat bewegst – und lädt dich ein, diesen Weg liebevoll zu begleiten.
Die 4 Zyklusphasen & passende Yogapraxis
1. Menstruation – Innenschau & Loslassen
Potenzial der Zyklusphase: Intuition, Rückzug, Loslassen
Energielevel: niedrig
Ziel: Entspannung, Entlastung, Weichheit
In der Menstruationsphase steht Regeneration im Mittelpunkt. Der Körper arbeitet intensiv, die Gebärmutter kontrahiert – deshalb unterstützen ruhige und wohltuende Sequenzen diesen natürlichen Prozess optimal. Es geht darum, Spannung abzubauen und dem Körper Raum zu geben, den er in dieser Phase besonders braucht.
🧘🏼♀️Geeignete Asanas:
Besonders empfehlenswert sind sanfte Hüftöffner (z. B. Baddha Konasana oder Happy Baby), da sie Anspannungen im Beckenbereich lösen und sowohl körperlich als auch symbolisch beim Loslassen unterstützen.
In dieser Phase ist es wichtig, achtsam auf die eigenen Grenzen zu hören und restorative, entspannende Übungen zu bevorzugen.
Was eher vermieden werden sollte:
- Haltungen, die den Bauch komprimieren oder stark beanspruchen
- intensive Twists und kraftvolle Vorbeugen
- Umkehrhaltungen, da sie den abwärtsfließenden Energiefluss stören können
🫁Geeignete Atemübungen
- Bienensummen (Bhramari)
- Sanfte Ujjayi-Atmung
- Mondatmung (Chandra Bhedana) für innere Ruhe
- Verlängerte Ausatmung
Generell gilt: Weniger ist mehr. Bewegungen dürfen weich, intuitiv und ohne Druck erfolgen.
2. Follikelphase – Aufbruch & neue Energie
Potenzial der Zyklusphase: Leichtigkeit, Neugier, Kreativität
Energielevel: zunehmend
Ziel: Aktivierung, Stärkung, Öffnung
Mit dem Anstieg der Östrogene kehrt die Energie zurück. Die Follikelphase steht ganz im Zeichen von Aufbau, Wachstum und frischer Motivation – körperlich wie mental. Viele Frauen* empfinden diese Zeit als ideal, um Neues auszuprobieren oder sich Herausforderungen zu stellen.
In dieser Phase gibt es kaum Einschränkungen. Sie eignet sich wunderbar dafür, neue Yogastile zu testen oder Asanas zu üben, die sonst schwerfallen.
🧘🏼♀️Geeignete Asanas
- Stärkende Haltungen (z. B. Krieger-Varianten)
- Herzöffner (z. B. Kamel, sanfte Rückbeugen)
- Fließende Vinyasa-Sequenzen
- Seitbeugen zur Mobilität der seitlichen Körperlinie
🫁 Atemübungen
- Kapalabhati – ideal, wenn die Energie zu Beginn noch fehlt
- Breath of Joy – aktivierend und belebend
In dieser Phase darf die Praxis gerne dynamischer und kräftiger sein.
3. Ovulationsphase – Weite & Ausdruck
Potenzial der Zyklusphase: Verbundenheit, soziale Energie, Offenheit
Energielevel: hoch
Ziel: Kraft, Stabilität, Selbstbewusstsein
Während des Eisprungs fühlen sich viele Frauen kraftvoll, stabil und offen. Die Ovulationsphase lädt förmlich zu einer dynamischeren und aktiven Yogapraxis ein, also ideal für fließende Sequenzen und kraftvolle Haltungen.
🧘🏼♀️Geeignete Asanas
- Aktive Sequenzen (Vinyasa, leichte Flows)
- Stabilitätsübungen für Bein- und Rumpfkraft
- Herzöffner & Rückbeugen
- Balancehaltungen für Fokus und Klarheit
🫁 Atemübungen
- Wechselatmung (besonders hilfreich bei Konzentrationsmangel)
- Breath of Joy
- Kapalabhati
4. Lutealphase – Wahrnehmen & Regulieren
Potenzial der Zyklusphase: Sensibilität, Rückzug
Energielevel: zunehmend niedriger
Ziel: Ausgleich, Beruhigung, Stabilität
Die Lutealphase ist die individuellste aller Zyklusphasen. Wie sie erlebt wird – ob ruhig, stabil oder mit PMS-Symptomen – variiert von Frau zu Frau und oft auch von Zyklus zu Zyklus.
Darum gilt hier besonders: Die Yogapraxis richtet sich ganz nach dem aktuellen Empfinden.
Wenn die Lutealphase schwerfällt (PMS, Trägheit, Stimmungstief):
- 🧘🏼♀️ Herzöffnende Asanas (z. B. Sanfte, unterstützte Rückbeugen)
- 🫁 Löwenatmung (Simhasana) – löst Spannung und Emotionen
- Bhramari (Summen) – beruhigt das Nervensystem
- 🫁Agni Sara oder Kapalabhati – bei starker Trägheit
Diese Übungen helfen dabei, die Schwere zu lösen und die Stimmung zu heben.
Wenn die Lutealphase stabil & angenehm ist:
- 🧘🏼♀️Safte, erdende (Yin-) Yogapraxis
- 🧘🏼♀️ Vorbeugen (z. B. stehende oder sitzende Vorbeugen)
- 🧘🏼♀️ Sanfte, meditative Flows
- 🫁 Pranayama mit Fokus auf Langsamkeit und Tiefe, z.B. Ujjayi oder Quadratatmung
Hier unterstützt dich die Praxis dabei, sich nach innen zu wenden, Klarheit zu finden und Ruhe zu kultivieren.
Warum Zyklusyoga so wertvoll ist
Zyklusyoga hilft dir
- deinen Körper besser zu verstehen
- Schwankungen als natürliche Rhythmen wahrzunehmen
- Stress abzubauen und den Zyklus zu regulieren
- Hormonsystem und Nervensystem zu harmonisieren
- deine Energie gezielt einzusetzen
- die Weisheit deines Körpers zu nutzen
Du lernst, die natürlichen Phasen nicht nur anzunehmen, sondern als Ressourcen zu nutzen – für Kreativität, Klarheit, Ruhe oder Ausdruck.
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📖Du möchtest wissen, wie sich Zyklusyoga vom Hormonyoga unterscheidet – und welches besser zu dir passt? Dann lies hier weiter: „Zyklusyoga vs. Hormonyoga – was ist der Unterschied?“
*Zur Vereinfachung spreche ich in diesem Beitrag von „Frauen“ – gemeint sind alle menstruierenden Menschen, unabhängig von Geschlechtsidentität oder -ausdruck. 💛